Deutscher November

Am 09. November 1848 starb der Demokrat Robert Blum „für die Freiheit“, erschossen von Nationalisten. Das Ende der Märzrevolution begann. 

Am 09. November 1918 wurde die Deutsche Republik ausgerufen. Auch wegen ihrer Forderungen nach imperativen Mandaten wurden Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg wenig später von Nationalisten getötet.  

Am 08. und 09. November 1923 marschierten Hitler, Ludendorff und Anhänger in München, Ziel war der Sturz der parlamentarischen Demokratie. Der Nationalsozialismus erlang internationale Wahrnehmung. 

Am 09. November 1938 überfielen SA- und SS-Anhänger jüdische Geschäfte, brannten Synagogen nieder, ermordeten über Eintausend Menschen. Weder der Begriff „Pogrom“, der nur Unwetter und Verwüstung bedeutet, noch die Bezeichnung „Reichskristallnacht“ erscheinen hier passend. Der Tag war eine verheerende Katastrophe. 

Am 09. November 1967 forderten Studierende der Uni Hamburg die Aufarbeitung des Nationalsozialismus. Ihr Slogan „Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren“ hat nicht an Gültigkeit verloren. 

Am 09. November 1969 platzierten linksextremistische Tupamaros eine Bombe in einem Jüdischen Gemeindehaus in Berlin, die glücklicherweise nicht explodierte. 

Am 09. November 1989 fiel die Mauer. 

Am 08. November 2011 stellt sich die Nationalsozialistin Beate Zschäpe, nachdem jahrelang Menschen durch ihr Handeln starben. 

Am 07. November 2020 liefen 45.000 Querdenker pöbelnd durch Leipzig, hielten sich nicht an Demo-Auflagen, griffen PolizistInnen und JournalistInnen an, zündeten Fackeln, beschossen Polizisten mit Pyrotechnik, wedelten mit Reichsflaggen, zeigten Hitler-Grüße – gestoppt wurden sie nicht. 

In Connewitz demonstrierten dagegen wenige Hundert Menschen, einige davon gewaltbereit. Hundertschaften sorgten für Ordnung – das kritisiere ich jetzt nicht. Aber wo waren die Wasserwerfer am Augustusplatz? Am Ring? Tausende Querdenker liefen vom Goerdelering Richtung Oper. Nicht ein einziger Polizist stand am Brühl bereit, als QAnon-Anhänger Passanten wegen ihren Masken beschimpften. Polizisten auf dem Markt erklärten auf Nachfrage, „man könne die Maskenpflicht nicht kontrollieren, weil keiner die Bilder im Fernsehen sehen wolle, wenn die Lage eskaliert“. Ich erinnere mich kurz an Connewitz 2015, als Mütter mit ihren Kindern und Hippie-Ökos eingekesselt und mit Tränengas drangsaliert wurden, weil Menschen gegen das Vermummungsverbot verstießen. Diese Bilder liefen bei NTV. Ich stand auf der Karli – im roten Mantel in der ersten Reihe. Um mich herum nur Robert Blums und Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs und deren Kinder im Geist. Danach kam der „Schwarze Block“, brannten Mülltonnen. Irgendeine Bank-Filiale war demoliert. Steine flogen. Ich war dort um der Welt zu zeigen, dass Rechte nicht durch unsere Straßen ziehen sollen. Ich ging mit Erbrochenem auf den Schuhen, brennenden Augen, schmerzender Nase. Mit der Dämmerung kam es zu Straßenschlachten. Wasserwerfer, Räumfahrzeuge, Schlagstöcke, Tränengas – ein „Sieg für die Polizei“. In der Presse wird es heißen, linksradikale bringen „Straßenterror“ (OB Jung). 23 Festnahmen. 

Am 07. November 2020 erzählte eine Rednerin von Querdenken, sie als Ärztin warne vor der Gefahr die vom Staat ausgeht, den sterbenden Kindern hinter den Masken, den sterbenden Kindern nach den Impfungen. Sie verstecke Patienten im Exil vor den Behörden. Sie stand dabei 50m von den Polizisten entfernt, die sie schützten, damit die „Maske-auf“-Rufe nicht die Lautsprecher übertönten. Sie wurde gefeiert, ging lächelnd von der Bühne und fuhr fröhlich nach Hause. Querdenker, die Polizisten gerade noch als „schwuchtelige Staatsv*tzen“ bezeichnet hatten, verlangten nun ihr „sicheres Geleit“. Das bekam sie. 

13 Festnahmen, 18 Ingewahrsamnahmen (dpa). Welche davon abends in Connewitz erfolgten, steht im Artikel leider nicht.  

Am 09. November 2020 darf Pegida in Dresden demonstrieren. Querdenken plante 18.18 Uhr in Braunschweig unter dem Motto „Geschichte gemeinsam Wiederholen“ zu laufen. Ein Gedenkrundgang an die Opfer des Nationalsozialismus in Salzwedel wurde wegen Corona untersagt. 

Ein November in Deutschland.

Mein November in Deutschland 2020.

Lisa  

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